VK Bund
Beschluss
vom 26.03.2024
VK 1-24/24
1. Eine vergaberechtswidrige Mehrdeutigkeit der Vergabeunterlagen liegt vor, wenn fachkundigen Unternehmen auch nach Auslegungsbemühungen mehrere Auslegungsmöglichkeiten verbleiben oder das zutreffende Verständnis der Vergabeunterlagen eine besondere Gesamtschau erfordert, die von den Bietern oder Bewerbern im Vergabewettbewerb erfahrungsgemäß nicht geleistet wird oder nicht geleistet werden kann.
2. Von einem Angebotsausschluss wegen eines möglicherweise nicht gravierenden formalen Mangels kann im Interesse der Erhaltung eines möglichst umfassenden Wettbewerbs abzusehen sein, wenn sich der formale Mangel eines fehlenden Formblatts insofern nicht auswirken würde, als das Angebot anderweitig alle im Angebotsschreiben geforderten Angaben und Erklärungen enthielte.
3. Es gibt keinen allgemeinen Erfahrungssatz, wonach ein Bieter stets das anbietet, was in der Ausschreibung gefordert ist.
4. Eine Nachforderung hat zu unterbleiben, wenn der Auftraggeber sie in den Vergabeunterlagen wirksam ausgeschlossen hat. Bei der normativen Auslegung der Nachforderungsregelung ist auf den objektiven Empfängerhorizont der potentiellen Bieter, also einen abstrakten Adressatenkreis, abzustellen.
In dem Nachprüfungsverfahren
(...)
wegen der Vergabe "[...], Dachabdichtungsarbeiten ... Vergabe ...
hat die 1. Vergabekammer des Bundes durch die stellvertretende Vorsitzende ###, die hauptamtliche Beisitzerin ### und den ehrenamtlichen Beisitzer ### aufgrund der mündlichen Verhandlung vom 15. März 2024 am 26. März 2024
beschlossen:
1. Der Nachprüfungsantrag wird zurückgewiesen.
2. Die Antragstellerin trägt die Kosten des Verfahrens und die zur zweckentsprechenden Rechtsverteidigung notwendigen Auslagen der Antragsgegnerin.
Gründe:
I.
1. Die Antragsgegnerin führt derzeit ein europaweites, offenes Verfahren zur Vergabe Dachabdichtungsarbeiten durch.
In der EU-Bekanntmachung war unter Ziffer 5.1.12 (Bedingungen für die Auftragsvergabe) ausgeführt:
"Zusätzliche Informationen: Das Angebotsschreiben Formblatt 213 und das Formblatt 225a werden nicht nachgefordert (§ 16a EU Abs. 3 VOB/A). Alle weiteren Unterlagen werden nachgefordert. Diese sind nach Aufforderung durch den Auftraggeber vorzulegen."
In der Aufforderung zur Abgabe eines Angebots (Formblatt 211) hieß es wie folgt:
(hier aus technischen Gründen nicht abgedruckt)
Die Teilnahmebedingungen (Formblatt 212) sahen für die Angebotsabgabe vor:
(hier aus technischen Gründen nicht abgedruckt)
Das den Vergabeunterlagen beigefügte Formblatt 213 (Angebotsschreiben) enthielt folgende Angaben:
(hier aus technischen Gründen nicht abgedruckt)
Die Antragstellerin gab ein Angebot ab. Sie verwendete nicht das Angebotsschreiben / Formblatt 213, sondern fügte ein selbst formuliertes Angebotsschreiben bei:
"Sehr geehrte Damen und Herren,
als Anlage erhalten Sie unser Angebot für obiges Bauvorhaben.
Wir bedanken uns vorab für die Rücksendung der Submissionsergebnisse.
(...)"
Dem Submissionsprotokoll konnte die Antragstellerin entnehmen, dass bei ihrem Angebot eine Angebotssumme von "0,00" Euro vermerkt war. Sie rügte am Folgetag, 2. Februar 2024, mit Schriftsatz ihres Verfahrensbevollmächtigten den unzutreffenden Angebotspreis. Vorsorglich rügte sie, das Formblatt 213 sei in den Vergabeunterlagen nicht eindeutig gefordert worden. Soweit das Formblatt ergänzende Erklärungen der Bieter vorsehe, zählten diese nicht zu den Kernbestandteilen der abzugebenden Angebote und könnten nachgefordert werden.
Die Antragsgegnerin lehnte die Rüge mit Schreiben vom 9. Februar 2024 ab und teilte mit, das Angebot der Antragstellerin sei gemäß § 16 EU Nr. 3 VOB/A von der Wertung ausgeschlossen worden. Bereits in der Bekanntmachung sei darauf verwiesen worden, dass ein fehlendes Formblatt 213 nicht nachgefordert werde. Da in dem Formblatt neben den Preisangaben weitere Erklärungen abgefragt würden, ohne die ein Angebot nicht wertungsfähig sei, könne das Angebot nicht bewertet werden. Die Antragstellerin rügte mit weiterem Schreiben vom 19. Februar 2024 und teilte mit, dass gegen den nun mitgeteilten Angebotsausschluss die zunächst "vorsorglich" eingelegte Rüge aufrechterhalten werde.
2. Die Antragstellerin beantragte mit Schriftsatz ihres Verfahrensbevollmächtigten am 21. Februar 2024 bei der Vergabekammer des Bundes die Einleitung eines Nachprüfungsverfahrens. Der Antrag wurde am selben Tag an die Antragsgegnerin übermittelt.
a) Der zulässige Nachprüfungsantrag sei begründet. Der Ausschluss des Angebots zu Lasten der Antragstellerin könne nicht auf § 16 EU Nr. 3 VOB/A gestützt werden.
Das Formblatt 213 sei nicht deutlich erkennbar und widerspruchsfrei gefordert worden. Die EU-Bekanntmachung erwähne das Formblatt 213 nur im Hinblick darauf, dass eine Nachforderung ausgeschlossen werde. Die Aufforderung zur Abgabe eines Angebots (Formblatt 211) nenne 213 nicht bei den mit dem Angebot einzureichenden Unterlagen unter Ziffer 3.1. sondern verweise auf das "Formblatt Verzeichnis der im Vergabeverfahren vorzulegenden Unterlagen". Damit sei das Formblatt 216 gemeint. Die Vergabeunterlagen würden der Anforderung in § 8 EU Abs. 2 Nr. 5 VOB/A einschließlich der damit verbundenen Hinweis- und Warnfunktion nicht gerecht. In Formblatt 216 sei das Formblatt 213 aber nicht genannt. Lediglich in Abschnitt 1 .1 sei ein Kreuz vor dem Text: "Angebotsschreiben" gesetzt. Dieses sei keineswegs eindeutig.
Die Antragstellerin habe das als Hinweis verstanden, dass das bepreiste Leistungsverzeichnis zusammen mit einem selbst verfassten Angebotsschreiben abgegeben werden könne. Dieses Verständnis sei nach dem Auslegungsmaßstab eines sachkundigen und gewissenhaften Bieters mindestens nachvollziehbar. Es sei semantisch und kontextuell sogar der naheliegende Inhalt aus der Sicht des Bieters, der diese Unterlagen sorgfältig lese. Hinzukomme, dass in zahlreichen Ausschreibungen ein bepreistes Leistungsverzeichnis in Verbindung mit einem Angebotsschreiben des Unternehmens akzeptiert werde.
In ihrem eigenen Angebotsschreiben und dem damit verbundenen Leistungsverzeichnis seien wortgleich alle ausgeschriebenen Leistungen wiedergegeben worden und die geforderte Gegenleistung des Auftraggebers mit den eingetragenen Preisangaben benannt worden. Einige im FB 213 vorgesehene Angaben beispielsweise zu Nebenangeboten, seien nicht relevant, da sie nicht zugelassen seien. Wenn die Antragstellerin keine Angabe zu einem Nachlass gemacht habe, sei dies so zu verstehen, dass ein Nachlass nicht angeboten werde. Den Einsatz von Nachunternehmern habe sie im Formblatt 235 aufgeführt. Die Antragstellerin habe durch den Verweis auf die Vergabenummer zudem kundgetan, dass sie alle in der Bekanntmachung und den Vergabeunterlagen vorgegebenen Bedingungen inhaltlicher und rechtlicher Natur akzeptiere. Nach dem Leitbild des BGH sei jedenfalls von einem vergaberechtskonformen Verhalten des Bieters auszugehen, wenn ein Angebotsschreiben keinerlei abweichende oder weitergehende eigene Vertragsbedingungen enthalte. Entsprechendes gelte für die Einbeziehung der VOB/B. In der mündlichen Verhandlung räumt die Antragstellerin ein, dass die Anerkennung der VOB/B sich nicht aus ihrem Angebotsschreiben ergebe. Diese Erklärung könne jedoch nachgefordert werden.
Die Nachforderung etwaiger fehlender Erklärungen im Formblatt 213 sei außer der Nachforderung von Preisangaben zulässig. Die in Formblatt 213 enthaltenen Angaben und Erklärungen zählten nicht zu den Kernbestandteilen der abzugebenden Angebote und könnten auf der Grundlage von § 16a EU Abs. 1 VOB/A nachgefordert werden. Sie seien keine Voraussetzung für die rechtsgeschäftliche Wirksamkeit des Angebots. Der von der Antragsgegnerin beabsichtigte umfassende Verzicht auf eine Nachforderung aller mit dem Formblatt 213 verbundenen Erklärungen sei jedenfalls nicht eindeutig formuliert worden. Die Bezugnahme auf Preisangaben als Grund für den Ausschluss einer Nachforderung für beide Formblätter (213 und 225a) trage dem Nachforderungsausschluss in § 16a EU Abs. 2 Satz 1 VOB/A Rechnung. Die Bezugnahme auf Preisangaben sei in Ziffer 3.3 mitgeteilt worden. Zudem beträfen uneindeutige und widersprüchliche Vorgaben ebenso das Formblatt 225a. Der sachkundige Bieter frage sich, warum eine Nachforderung des Formblatts 225a und auch des Formblatts 213 ausgeschlossen würden, wenn 225a keine Rolle für die Ausschreibung spiele und nicht gefordert werde. Es sei nicht Pflicht des Bieters, uneindeutige und widersprüchliche Aussagen der Vergabeunterlagen im Sinne einer Risikominimierung zu analysieren.
Durch die Nachforderung werde der Antragstellerin auch nicht die Möglichkeit eröffnet, ihr Angebot nachzubessern. Eine Nachforderung komme zudem nicht in allen Punkten des Formblatts 213 in Betracht.
Die Antragstellerin beantragt über ihren Verfahrensbevollmächtigten,
1. der Antragsgegnerin zu untersagen, den Zuschlag in diesem Verfahren auf das Angebot eines anderen Bieters zu erteilen (§ 169 Abs. 1 GWB);
2. die Antragsgegnerin anzuweisen, das Vergabeverfahren bei fortbestehender Beschaffungsabsicht zurückzuversetzen, um den Ausschluss des Angebots der Antragstellerin unter Beachtung der Rechtsauffassung der Vergabekammer aufzuheben und dieses Angebot in der Wertung zu berücksichtigen;
3. hilfsweise zu Ziffer 1. und 2.: geeignete Maßnahmen zu treffen, um das Vergabeverfahren in einen vergaberechtskonformen Zustand zu versetzen und Rechtsverletzungen der Antragstellerin zu beseitigen;
4. der Antragstellerin Einsicht in die Vergabeakten der Antragsgegnerin zu gewähren;
5. die Beauftragung der Verfahrensbevollmächtigten durch die Antragstellerin als zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung notwendig zu erklären und
6. der Antragsgegnerin die Kosten des Verfahrens einschließlich der Aufwendungen der Antragstellerin aufzuerlegen.
b) Die Antragsgegnerin beantragt,
die Anträge aus dem Schriftsatz vom 21 Februar 2024 zurückzuweisen.
Das Angebot der Antragstellerin könne gemäß § 16 EU Nr. 3 VOB/A nicht gewertet werden. Die Antragstellerin habe die bereitgestellten Vergabeunterlagen bei der Erstellung ihres Angebots nicht in der gebotenen Gesamtschau betrachtet, sondern sich allein am Formblatt 216 orientiert. In Ziffer 3.2 der Teilnahmebedingungen sei festgelegt, dass für das Angebot die von der Vergabestelle vorgegebenen Vordrucke zu verwenden seien. Statt des Formblatts 213 habe die Antragstellerin jedoch ein eigenes Angebotsschreiben erstellt, das inhaltlich nicht mit dem Formblatt 213 zu vergleichen sei. Dadurch fehlten dem Angebot wesentliche Erklärungen, -wie etwa Angaben zum Bieter, Benennung der Unterlagen, die Vertragsbestandteil werden, Preis für die Leistung und ggfs. Wartung, Höhe eines Nachlasses, Anzahl der Nebenangebote, Erklärung zur Vereinbarung der VOB/B, Angaben zum geplanten Nachunternehmereinsatz, Anerkennung des Wortlauts der Langfassung des Leistungsverzeichnisses. Das Formblatt 213 sei Bestandteil der Vergabeunterlagen gewesen. Unter Buchstabe C) des Formblatts 21 1 sei zudem festgelegt worden, dass das Angebotsschreiben Formblatt 213 mit dem Angebot einzureichen war. Der Einschub "soweit erforderlich" beziehe sich nicht auf das Formblatt 213. Zusätzlich werde in Ziffer 3.1 auf das Formblatt 216 verwiesen, das nochmals alle einzureichenden Unterlagen aufzähle. Dort wiederum erfolge die Nennung "Unterlagen, die mit dem Angebot abzugeben sind" unter der Überschrift 1.1 "Formblätter'. Damit sei eindeutig das Angebotsschreiben Formblatt 213 gemeint, jedenfalls kein selbstgefertigtes Angebotsschreiben. Die Antragstellerin hätte aber zusätzlich ein eigenes, auf ihrem Briefbogen gefertigtes Begleitschreiben beilegen können.
Unstreitig enthalte das Angebot die Angaben zum Bieter und den Preis für die ausgeschriebenen Leistungen. und für die Wartung. Auch sei die vorgeschriebene elektronische Form und das Textformerfordernis eingehalten. Nicht benannt würden aber die anderen oben aufgeführten wesentlichen Erklärungen. Auch eine Auslegung des Angebots führe nicht dazu, dass die genannten fehlenden Erklärungen Bestandteile des Angebots seien. Eine bloße Bezugnahme auf die Vergabenummer führe nicht zur Einbeziehung der gesamten Bedingungen und Anforderungen an die Ausführung der Leistung. Auch bei aus Sicht der Antragstellerin nicht relevanten Erklärungen, zum Beispiel zu etwaigen Nebenangeboten, seien die Erklärungen für die Vergabestelle von Bedeutung, auch für Eintragungen im Submissionsprotokoll. Das Angebot der Antragstellerin sei daher unvollständig im Sinne des § 13 EU Abs. 1 Nr. 4 VOB/A.
Eine Nachforderung sei ausdrücklich durch die entsprechende Festlegung in der Bekanntmachung (Ziffer 5.1.12) und den Vergabeunterlagen (Ziffer 3.3 der Angebotsaufforderung) ausgeschlossen worden. Der Verzicht auf die Nachforderung aller oder auch nur bestimmter Unterlagen stehe der Vergabestelle nach ihrer freien Entscheidung zu. Sie habe die Nachforderung des Formblatts 213 auch zur Vermeidung von Manipulationsmöglichkeiten, zum Beispiel im Hinblick auf die Einräumung eines Nachlasses, vorgenommen: Ebenfalls grundsätzlich von der Nachforderung ausgeschlossen sei das Formblatt 225a, das hier aber nicht Bestandteil der Vergabeunterlagen sei. Zur Beschleunigung des Wertungsprozesses sei darüber hinaus gemäß § 16a EU Abs. 3 VOB/A festgelegt, dass keine Preisangaben nachgefordert würden. Preisangaben würden daher zusätzlich zu den Formblättern 213 und 225a nicht nachgefordert. Dass die genannten Unterlagen beziehungsweise Angaben kumulativ zu lesen seien, werde durch entsprechende Satzzeichen kommuniziert. Der Verzicht auf die Nachforderung von Preisangaben sei durch einen Punkt von den Angaben zu den Formblättern klar getrennt. Es handele sich also um eine Aufzählung und nicht um eine inhaltliche Verknüpfung. Aufgrund der vorgegebenen Zeichenanzahl im Formular habe man sich kurzhalten müssen. Eine Nachforderung nur der Preisangaben im Formblatt 213 mache keinen Sinn, wenn dies, wie es die Antragstellerin selbst vortrage, vergaberechtlich nicht zulässig sei. Der Ausschluss der Nachforderung des Formblatts 213 sei an zwei Stellen in den Vergabeunterlagen klar kommuniziert worden.
Die Vergabekammer hat nach vorheriger Zustimmung der Antragsgegnerin der Antragstellerin Einsicht in die Vergabeakten gewährt, soweit keine geheimhaltungsbedürftigen Aktenbestandteile betroffen waren.
In der mündlichen Verhandlung am 15. März 2024 hatten die Beteiligten Gelegenheit, ihre Standpunkte darzulegen und mit der Vergabekammer umfassend zu erörtern.
Auf die ausgetauschten Schriftsätze, die Verfahrensakten der Vergabekammer sowie auf die Vergabeakten, soweit sie der Vergabekammer vorgelegt wurden, wird ergänzend Bezug genommen.
II.
Der zulässige Nachprüfungsantrag ist unbegründet.
1. Der Nachprüfungsantrag ist zulässig. Die Antragstellerin ist antragsbefugt. Das für die Antragsbefugnis nach § 160 Abs. 2 GWB erforderliche Interesse am Auftrag hat sie durch die Abgabe eines Angebots hinreichend dokumentiert. Sie macht geltend, in ihren Rechten nach S 97 Abs. 6 GWB verletzt zu sein. Ferner droht der Antragstellerin ein Schaden. Die Antragstellerin hat nach Kenntnisnahme des Submissionsprotokolls im Sinne von § 160 Abs. 3 Satz 1 Nr. 1 GWB gerügt. Der Nachprüfungsantrag ist rechtzeitig nach § 160 Abs. 3 Satz 1 Nr. 4 GWB innerhalb von 15 Kalendertagen nach Erhalt der Nichtabhilfemitteilung gestellt worden.
2. Der Nachprüfungsantrag ist unbegründet. Die Antragsgegnerin hat die Antragstellerin zu Recht wegen Nichtvorlage des wirksam geforderten Angebotsformblatts FB 213 gemäß § 16 EU Nr. 3 i.V.m. § 8 EU Abs. 2 Nr. 5 VOB/A ausgeschlossen (siehe unter lit. a). Das Angebot enthält im Übrigen nicht alle im Formblatt "Angebotsschreiben" geforderten Angaben und Erklärungen, so dass sich der formale Mangel des fehlenden Formblatts auch auswirkt (unter lit. b). Eine Nachforderung fehlender oder unvollständiger Erklärungen oder Angaben findet nicht statt, denn die Antragsgegnerin hat gemäß § 16a EU Abs. 3 VOB/A wirksam festgelegt, dass sie das Angebotsformblatt FB 213 nicht nachfordern wird (unter lit. c).
a) Das Formblatt FB 213 "Angebotsschreiben" ist wirksam gefordert worden und war als Teil der Angebotsunterlagen mit Ablauf der Angebotsfrist vorzulegen.
Dies ergibt sich nach einer Auslegung der Angebotsaufforderung sowie der den Bietern im Zusammenhang damit elektronisch zur Verfügung gestellten Anlagen. Aus den Vergabeunterlagen muss für Bieter eindeutig und unmissverständlich hervorgehen, was von ihnen verlangt wird (vgl. schon BGH, Urteil vom 15. Januar 2013, X ZR 155/10). Die Vergabestellen trifft die Pflicht, die Vergabeunterlagen klar zu formulieren und Widersprüchlichkeiten zu vermeiden. Die Frage, welcher Erklärungswert den hierfür maßgeblichen Teilen der Vergabeunterlagen zukommt, ist nach den für die Auslegung von Willenserklärungen geltenden Grundsätzen (§§ 133, 157 BGB) zu entscheiden. Dabei ist im Rahmen einer normativen Auslegung auf den objektiven Empfängerhorizont der potentiellen Bieter beziehungsweise Bewerber, also einen abstrakten Adressatenkreis, abzustellen. Es kommt nicht darauf an, wie die Antragstellerin als einzelnes Unternehmen die Unterlagen verstanden hat, sondern wie der durchschnittliche Bieter des angesprochenen Bieterkreises sie verstehen musste oder konnte. Entscheidend ist die Verständnismöglichkeit aus der Perspektive eines verständigen und mit der ausgeschriebenen Leistung vertrauten Unternehmens, das über das für eine Angebotsabgabe oder die Abgabe eines Teilnahmeantrags erforderliche Fachwissen verfügt (vgl. BGH, Beschluss vom 7. Februar 2014, X ZB 15/13; OLG Düsseldorf, Beschluss vom 13. Dezember 2017, Verg 19/17). Wie Mitbieter oder -bewerber die Vergabeunterlagen verstanden haben, kann hierbei für die normativ zu bestimmende Verständnismöglichkeit des durchschnittlichen Bieters von indizieller Bedeutung sein (vgl. OLG Düsseldorf, Beschluss vom 27. April 2022, Verg 25/21).
Die Antragsgegnerin hat in der vorliegenden Ausschreibung die Formblätter des Vergabehandbuchs des Bundes verwendet, die sie bei ihren Ausschreibungen regelmäßig benutzt. Der Antragstellerin, die - wie sie schriftsätzlich vorgetragen hat - in der Vergangenheit ca. 80% ihrer Bauaufträge für öffentliche Auftraggeber erbracht und auch schon erfolgreich an Vergabeverfahren des Bundes teilgenommen hat, sind diese Formblätter und deren Verwendung ebenfalls bekannt. Bei einer Auslegung der Vergabeunterlagen aus der Sicht eines verständigen Bieters ist das Formblatt "213 Angebotsschreiben" vorliegend als ein zentrales Schreiben im Vergabeverfahren anzusehen. Denn es stellt nicht nur ein reines Übersendungsschreiben dar, sondern enthält verschiedene, gesonderte Erklärungen und Angaben, die für den Auftraggeber im Vergabeverfahren von Interesse sind oder sein können. Im Verhältnis zu den übrigen Angebotsunterlagen stellt das Angebotsschreiben selbst zudem eine maßgebliche Klammer dar, die die weiteren Unterlagen mit umfasst.
Die Aufforderung zur Angebotsabgabe enthielt hier auch einen eindeutigen Verweis auf die Verwendung des Formblatts 213, nämlich zu Beginn der Seite 2 unter Buchstabe C) als eigens angekreuzte Anlage "die, soweit erforderlich, ausgefüllt mit dem Angebot einzureichen" ist. Des Weiteren führt der auf derselben Seite der Angebotsaufforderung unter Ziffer 3.1 "Folgende Unterlagen sind mit dem Angebot einzureichen" aufgeführte Verweis auf das "Formblatt Verzeichnis der im Vergabeverfahren vorzulegenden Unterlagen" dazu, dass das Formblatt 213 (und kein formloses Angebotsschreiben) vorzulegen ist. Denn das "Angebotsschreiben" als solches' befindet sich im "Formblatt Verzeichnis der im Vergabeverfahren vorzulegenden Unterlagen" (FB 216), eindeutig und an erster Stelle der Liste der vorzulegenden Formblätter (Ziffer 1.1, Formblätter). Allein die fehlende Angabe der Nummer (213) des Formblatts "Angebotsschreiben" führt hier nicht zu einer vergaberechtswidrigen Mehrdeutigkeit der Vergabeunterlagen. Dies wäre nur der Fall, wenn fachkundigen Unternehmen auch nach Auslegungsbemühungen mehrere Auslegungsmöglichkeiten verbleiben oder das zutreffende Verständnis der Vergabeunterlagen eine besondere Gesamtschau erfordert, die von den Bietern oder Bewerbern im Vergabewettbewerb erfahrungsgemäß nicht geleistet wird oder nicht geleistet werden kann (vgl. OLG Düsseldorf, Beschluss vom 13. Dezember 2017, Verg 19/17 unter Verweis auf BGH, Urteil vom 10. Juni 2008, X ZR 78/07). So stellt sich allerdings hier die Situation aufgrund der Vergabeunterlagen nicht dar. Denn aus der Sicht eines verständigen Bieters in Bauvergaben ist die Einreichung des Formblatts "213 Angebotsschreiben" im Rahmen einer Gesamtschau sowohl der Angebotsaufforderung, des Verzeichnisses der vorzulegenden Unterlagen als auch der beigefügten Unterlagen zu folgern. Die Nutzung eines Formblatts "Angebotsschreiben" ist zudem unter dem Begriff "Formblätter im "Formblatt Verzeichnis der im Vergabeverfahren vorzulegenden Unterlagen" (FB 216) aufgeführt, was deutlich gegen die Verwendung eines formlosen Schreibens spricht. In der Gesamtschau ist es einem verständigen Bieter möglich, von der Erwähnung des Formblatts "213 Angebotsschreiben" in der Aufforderung zur Angebotsabgabe, vom Terminus "Formblatt Angebotsschreiben" im Verzeichnis der vorzulegenden Unterlagen und' der Beifügung des Formblatts 213 in den Vergabeunterlagen auf dessen Verwendung zu schließen. Hinzu kommt, dass auch die von der Antragsgegnerin verwendeten Allgemeinen Vertragsbedingungen (siehe Teilnahmebedingungen, Formblatt 212) in Ziffer 3.2 darauf verweisen, dass "die von der Vergabestelle vorgegebenen Vordrucke zu verwenden" sind. Dass die Verwendung des Angebotsformblatts zudem dem Verständnis eines durchschnittlichen Bewerbers des angesprochenen Bewerberkreises entspricht, lässt sich aus der Tatsache ableiten, dass alle übrigen ... Bieter dieses Formblatt verwendet haben. Die Antragstellerin, die sich' selbst als sehr ausschreibungserfahren bezeichnet, verhält sich in diesem Zusammenhang widersprüchlich, wenn sie einerseits meint, das Formblatt 213 als solches mangels Angabe der entsprechenden Nummer nicht erkannt zu haben, andererseits jedoch in der Lage war, das Formblatt "Verzeichnis der im Vergabeverfahren vorzulegenden Unterlagen" ohne Weiteres identifizieren zu können, obwohl die Nummer dieses offiziellen VHB-Formblatts 216 ebenfalls nicht in Ziffer 3.1 der Angebotsaufforderung genannt worden war. Widersprüchlich und daher nicht nachvollziehbar ist die Argumentation der Antragstellerin zudem deshalb, weil sie alle anderen mit der Angebotsaufforderung bereitgestellten und dort unter Buchstabe C) genannten Formblätter, soweit in ihrem Fall einschlägig, mit ihrem Angebot abgegeben hat, das Formblatt 213 jedoch. nicht.
Auch ist die generelle Verwendung eines Formblatts für das Angebotsschreiben durch die Vergabestelle aus Bietersicht nicht ungewöhnlich. Wenn die Antragstellerin in ihrem Nachprüfungsantrag und der mündlichen Verhandlung ausführt, dass sie durchaus häufig formlose Schreiben zur Übersendung ihrer Angebote beifüge und deswegen bisher nicht ausgeschlossen wurde, ist unklar, ob es sich in diesen Fällen um europaweite Vergaben, öffentliche Vergaben unterhalb der Schwellenwerte oder private Bauvergaben handelt. Zum einen sind die verschiedenen Fallgruppen unterschiedlich formalisiert, zum anderen besteht auch in förmlichen Vergabeverfahren die Möglichkeit, kein Formblatt "Angebotsschreiben" vorzugeben oder die Vorlage nachzufordern (dazu später unter lit. c). Vorliegend ist allerdings das Formblatt "Angebotsschreiben" an verschiedenen Stellen erwähnt und auch den Unterlagen für die Bieter beigefügt worden. Eine Vergleichbarkeit der Situation in anderen Vergabeverfahren bei der Verwendung eines eigenen formlosen Angebotsschreibens ist von der Antragstellerin nicht weiter substantiiert worden. Abgesehen davon ließe sich daraus, dass die Antragstellerin in anderen Vergabeverfahren gegebenenfalls zu Unrecht mangels Formschreiben nicht ausgeschlossen worden ist, nicht ableiten, dass dieses Mal ebenso verfahren werden müsste. Bei zwingenden Ausschlusstatbeständen wie hier kann ein Bieter nicht auf die vergaberechtswidrige Vorgehensweise einer Vergabestelle vertrauen.
b) Es kann an dieser Stelle offen bleiben, ob - wie die Antragstellerin unter Bezugnahme auf die Rechtsprechung des BGH (vgl. Urteil vom 18. Juni 2019, X ZR 86/17) vorträgt - ein Ausschluss ihres Angebots im Interesse der Erhaltung eines möglichst umfassenden Wettbewerbs wegen eines möglicherweise nicht gravierenden formalen Mangels ausscheiden müsse. Dies könnte allenfalls der Fall sein, wenn sich der formale Mangel eines fehlenden Formblatts insofern nicht auswirken würde, als das Angebot anderweitig alle im Angebotsschreiben geforderten Angaben und Erklärungen enthielte. Die Antragstellerin hat allerdings in ihrem formlosen Schreiben zur Übergabe des bepreisten Leistungsverzeichnisses einschließlich weiterer Formblätter verschiedene Erklärungen und Angaben nicht abgegeben, die nur im Formblatt 213 enthalten sind. Die Bezugnahme auf die Vergabenummer in ihrem selbst formulierten Angebotsschreiben führt entgegen der Auffassung der Antragstellerin nicht dazu, dass sie ein grundsätzlich vergabekonformes, alle Vorgaben der Antragsgegnerin anerkennendes Angebot abgeben hätte. Was die Angaben zur Anzahl von Nebenangeboten und Preisnachlässen angeht, spricht gemäß § 13 EU Abs. 3 Satz 1 und Abs. 4 VOB/A bereits viel dafür, dass diese zwingend an der "vom öffentlichen Auftraggeber in den Vergabeunterlabgen bezeichneten Stelle", hier also im Angebotsformblatt 213, aufzuführen sind. Dass sich diese Angaben sonst aus dem Angebot ergeben, dürfte daher für dessen Vollständigkeit nicht ausreichend sein. Doch selbst wenn man zugunsten der Antragstellerin unterstellt, einige Angaben und Erklärungen hätten aufgrund des Aussagegehalts ihres Angebots im Übrigen keine Relevanz (wie - so ihr Vortrag - der Nachunternehmereinsatz, die Einräumung eines Nachlasses, die Abgabe von Nebenangeboten), fehlen dennoch einige Erklärungen, die die Antragsgegnerin zur Vermeidung von Rechtsstreitigkeiten über die Vertragsauslegung ausdrücklich abgefordert hat. Dies betrifft insbesondere - wie die Antragstellerin in der mündlichen Verhandlung selbst eingeräumt hat - die Einbeziehung der VOB/B sowie von weiteren vertraglichen Regeln, die sich aus Ziffer 8 des Angebotsschreibens ergeben (u.a. zur Verbindlichkeit der Langfassung des Leistungsverzeichnisses und zur Verbindlichkeit von Änderungen der Vergabeunterlagen). Könnte man die Einbeziehung der VOB/B ohne Weiteres in ein Angebot "hineinlesen", wie es die Antragstellerin vertritt, liefe zudem § 8a EU Abs. 1 VOB/A leer, wonach öffentliche Auftraggeber verpflichtet sind, die Geltung dieser Allgemeinen Vertragsbedingungen in jedem Vergabeverfahren erneut ausdrücklich vorzuschreiben. Dasselbe gilt für die Einhaltung einer vom Auftraggeber (und nicht durch die gegebenenfalls erst im Rahmen der Auslegung zu ermittelnden "regelmäßigen Umstände" i.S.d. § 147 Abs. 2 BGB) vorgegebenen Bindefrist. Anders als in dem Urteil des BGH vom 18. Juni 2019 (X ZR 86/17), in dem der Bieter seinem Angebot etwas hinzugefügt hatte - nämlich eine zunächst einmal ausschreibungswidrige Bezugnahme auf eigene Geschäftsbedingungen - fehlt es hier also an mehreren Erklärungen und Angaben, die sich die Antragsgegnerin bei der Angebotsabgabe ausbedungen hat. Eine bieterfreundliche Heilung des formalen Mangels durch ein Hinwegdenken (der beigefügten Geschäftsbedingungen) ist hier nicht möglich. Angebote, die lückenhaft bleiben, sind auch nach dieser Entscheidung des BGH zwingend aus dem Vergabeverfahren auszuschließen (s. BGH, a.a.O.; vgl. auch BayObLG, Beschluss vom 26. Mai 2023, Verg 2/23; OLG Düsseldorf, Beschluss vom 27. Oktober 2021, Verg 24/21). Dass es einen allgemeinen Erfahrungssatz gibt, wonach ein Bieter stets das anbietet, was in der Ausschreibung gefordert ist, wird darüber hinaus in der Vergaberechtsprechung eher verneint (vgl. nur OLG Schleswig, Beschluss vom 28. April 2021, 54 Verg 2/21; OLG Düsseldorf, Beschluss vom 22. März 2017, Verg 54/16 jeweils m.w.N.). In Fällen wie hier ist vielmehr die vergaberechtliche Thematik der Nachforderung von fehlenden oder unvollständigen Unterlagen relevant. Ob die fehlenden Angaben der Antragstellerin möglicherweise nachgefordert werden können, dazu nachfolgend.
c) Vorliegend darf die Antragsgegnerin die fehlenden Angaben und Erklärungen nicht nachfordern, denn sie hat eine Nachforderung des Formblatts 213 (Angebotsschreiben) als Ganzes wirksam gemäß § 16a EU Abs. 3 VOB/A ausgeschlossen. Anders als die Antragstellerin meint, bezieht sich dieser Ausschluss nicht nur auf fehlende Preisangaben.
In der EU-Bekanntmachung hatte die Antragsgegnerin unter Ziffer 5.1.12 mitgeteilt, dass das Angebotsschreiben Formblatt 213 und das Formblatt 225a nicht nachgefordert würden und auf § 16a EU Abs. 3 VOB/A verwiesen. In der Aufforderung zur Angebotsabgabe heißt es unter Ziffer 3.3 "Nachforderung" im Wortlaut:
"Fehlende Unterlagen, deren Vorlage mit dem Angebot gefordert war, werden teilweise nachgefordert, und zwar folgende Unterlagen: alle geforderten Unterlagen bis auf FB 213 und FB 225a. Preisangaben."
Die Frage, welcher Erklärungswert der Nachforderungsregelung in Ziffer 3.3 zukommt, ist an dieser Stelle ebenfalls nach den für die Auslegung von Willenserklärungen geltenden Grundsätzen (§§ 133, 157 BGB) zu entscheiden. Dabei ist im Rahmen einer normativen Auslegung auf den objektiven Empfängerhorizont der potentiellen Bieter beziehungsweise Bewerber, also einen abstrakten Adressatenkreis, abzustellen.
Die Hinzufügung "Preisangaben" in Ziffer 3.3 der Angebotsaufforderung ist als Ergänzung der bisherigen Angaben in der EU-Bekanntmachung zur Nachforderung zu sehen (vgl. zur Zulässigkeit dieser Vorgehensweise Steck in Ziekow/Völlink, Vergaberecht, 5. Auflage 2024, § 16a VOB/A-EU, Rn. 28). Aus der von der Antragsgegnerin gewählten Zeichensetzung ergibt sich, dass die Bezugnahme auf "Preisangaben" mittels eines Punkts als getrennter, also zusätzlicher Umstand gegenüber der Nachforderung von Unterlagen zu betrachten ist. Nicht hingegen ist - so aber die Antragstellerin - von einer verbalen Einschränkung der Nichtnachforderung von Teilen des Angebotsschreibens Formblatt 213 bezogen allein auf Preisangaben auszugehen. Dies würde sich vielmehr grammatikalisch nur bei der Verwendung einer anderen Zeichensetzung ergeben, also beispielsweise durch einen Doppelpunkt oder ein Komma. Nur hierdurch wäre eine Verbindung zu den im Formblatt 213 vorzunehmenden Preisangaben hergestellt. Die Auslegung der von der Antragsgegnerin gewählten Formulierung im Sinne einer Aufzählung spiegelt sich auch in der Systematik des § 16a EU VOB/A wider. Absatz 1 bezieht sich auf das Nachfordern von Unterlagen, Absatz 2 auf das Nachfordern von Preisangaben. Nach § 16a EU Abs. 3 VOB/A wiederum kann der Auftraggeber "festlegen, dass er keine Unterlagen oder Preisangaben nachfordern wird." Die in Ziffer 3.3 vorgenommene Aufnahme von "Preisangaben" entspricht somit dem Charakter einer Aufzählung, die zwischen dem Nachfordern von Unterlagen und Preisangaben, so wie in § 16a EU Abs. 3 VOB/A auch geschehen, trennt. Des Weiteren gibt die Antragstellerin selbst zu, dass ihr der Wortlaut des § 16a EU VOB/A bekannt ist. Gerade dann aber liegt ihr Verständnis, die Antragsgegnerin habe lediglich die Nachforderung von Preisangaben ausgeschlossen, wie es in § 16a EU Abs. 2 VOB/A geregelt ist, fem. Denn eine reine Wiederholung des Wortlauts dieser Norm wäre nicht erforderlich. Im Übrigen sprechen auch Sinn und Zweck der Formulierung der Antragsgegnerin gegen eine Bezugnahme auf die Preisangaben im Sinne des Angebotsformblatts 213. Das Angebotsformblatt enthält nur in Ziffer 2 und 2.1 Preise, nämlich den Angebotsendpreis des Hauptangebots und die Gesamtsumme der jährlichen Vergütung eines Instandhaltungsvertrags. Wäre der Nachforderungsausschluss nur auf diese Preisangaben im Angebotsformblatt zu beziehen und damit sämtliche übrigen Angaben und Erklärungen dieses Formblatts nachforderbar, hätte die Antragsgegnerin nicht gesondert das Formblatt 213, sondern allein "alle geforderten Angaben bis auf Preisangaben" erwähnen müssen. Dass die Antragsgegnerin diese Formulierung nicht gewählt hat und die Trennung per Zeichensetzung vorgenommen hat, spricht für die hier vorgenommene Auslegung.
Dass die Antragsgegnerin an dieser Stelle fälschlicherweise auch die Nichtnachforderung des nicht abzugebenden Formblatts FB 225a geregelt hat, führt nicht zu einem anderen Verständnis. Zwar ist anzumerken, dass in der vorliegenden Ausschreibung die Nummerierung von Formblättern und deren schlichte Benennung ohne Nummer nicht konsequent erfolgt ist (wie bereits oben unter lit. a im Rahmen der Auslegung festgestellt). In diesem Kontext ist der Ausschluss der Nachforderung eines gar nicht geforderten Formblatts 225a zwar ein zusätzlicher, aber sich mangels Relevanz für die hier maßgebliche Frage, inwieweit das Formblatt 213 und die darin enthalten Erklärungen nachgefordert werden sollen, nicht auswirkender Mangel. In der Gesamtschau der Unterlagen ist aus der Perspektive eines verständigen und mit Bauleistungen sowie der Verwendung von Formblättern vertrauten Unternehmens wie der Antragstellerin vielmehr davon auszugehen, dass die Antragsgegnerin gänzlich auf die Nachforderung des Angebotsformblatts 213 sowie zusätzlich auf die Nachforderung von Preisangaben verzichten wollte.
III.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 182 Abs. 1, Abs. 3 Satz 1, Abs. 4 Satz 1 GWB.
IV.
(...)
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